Texte
„Beim Malen geht es mir als Erstes um die Farbe. Dabei denke ich nicht an ein bestimmtes Thema oder ein vorgedachtes Konzept. Eher ist es ein unbestimmtes Gefühl, eine ungefähre Idee, die zum Malen drängt. Ein Bild malen bedeutet für mich daher auf ein Ziel hinzuarbeiten, das ich nicht kenne: eine Gratwanderung. Oft tritt dabei ein Zustand ein, in dem sich die Dynamik des Malprozesses verselbständigt, die anfängliche Bildidee wird völlig verdrängt. Widerstreitende malerische Kräfte wirken aufeinander. In dieser Situation, verbunden mit Irritation und Scheitern, helfe ich mir dadurch, dass ich das Format ändere, die Leinwand umspannne, Farbschichten abkratze oder fremdes Material, wie Papier oder Pappe in die Arbeit einfüge: Neue Arbeitsprozesse am selben Bild werden möglich. Im stetigen Fluß der Erweiterung, Ergänzung und Überarbeitung formt sich die Bildgestalt, neue Bildideen treten zu Tage. Aus dieser unvorhersehbaren, lebendigen Auseinanderseztung entstehen Bilder, die sich aus dem Risiko zur Offenheit wie „von selbst“ malen. Ergebnis dieses Malprozesses ist das Gewordene, das Zusammengewachsene der vielfach gebrochenen Oberfläche des Bildes. Farbformen steigern sich gegenseitig, treten miteinander in Spannung oder suchen den harmonischen Ausgleich. Aus der Reibung dieser vielfältigen Bildbezüge entsteht die Farbstimmung des Bildes, seine eigenständige und unabgeschlossene Wirkung.”
A.L. 2011
Aktuell in Münchner Galerien
Die Spannung zwischen diffusem Bildraum und konkreter Form bestimmen die Malerei von Alfred Lachauer. Mir dynamischen Pinselstrichen setzt er kontrastreich farbige Flächen gegeneinander, die sich zu einem komplexen Raumgefüge verdichten. „Malen ist für mich ein Akt der Entäußerung”, erklärt Lachauer seine eruptive Farb- und Formenwelt. Trotz des heftigen Gestus´ seiner Pinselschrift verläuft der Malprozeß nicht im Unbewußten. Lachauer hat bereits ziemlich konkrete Vorstellungen, wenn er mit einem neuen Bild beginnt. Er arbeitet immer zugleich an mehreren Arbeiten. So dauert es oft einige Jahre, bis er schließlich ein Bild fertiggestellt hat. In der Produzentengalerie zeigt er nun einen Werkkomplex von Arbeiten, die innerhalb der letzten drei Jahre entstanden sind. (Adelgundenstr.6, noch bis zum 30.Oktober.)
Cornelia Gockel, „Süddeutsche Zeitung” vom 27.10.1993
Kraftvolle Farbklänge
Liesborn/Ahlen (mo). Südlich der Rhein-Main-Donau-Linie ist Alfred Lachauers Kunst bekannter als in seiner früheren Heimat Westfalen.
Der Künstler, 1943 in Ahlen geboren, ist Mitglied im Kreiskunstverein Beckum-Warendorf. Doch seit 1972 schon lebt Lachauer in München.
Nach zahlreichen Ausstellungen im Süden der Republik stellte sich der Künstler 1989 mit Malerei im Fritz-Winter-Haus seiner Geburtsstadt Ahlen vor.
Jezt läßt sich Alfred Lachauers Kunst gleich zweimal wiederentdecken: Mit einer umfangreichen Ausstellung (bis zum 6.Februar) in der Ahlener Stadtgalerie (wir berichteten) und im Studio des Kreiskunstvereins Beckum-Warendorf im Museum Abtei Liesborn (bis zum 6.März). Hier sind vier große Bildformate und zwei Kaltnadelradierungen zu sehen.
Lachauers zentrales Thema ist die Farbe und deren freier Einsatz im Bildraum. Ohne Gegenständliches assoziieren zu wollen, gibt Lachauer der Farbe Raum, sich darzustellen und sich mitzuteilen. Dabei wird die Farbe in heftigen, großzügigen Pinselschlägen und -strichen auf die Leinwand gebracht. So schafft Lachauer – unbefangen und kraftvoll – Bildräume aus Farbklängen, spielt mit Harmonien und Dissonanzen. Das Ergebnis ist fast immer ein geheimnisvoller Kosmos voller Poesie und Musikalität in einer zumeist duffen, zumeist gebrochenen Palette.
Doch Vorsicht! Bei aller Freiheit im Umgang mit Farbe und deren Wirkung arbeitet Lachauer künstlerisch präzis kalkulierend, Schafft Bildräume aus dichtem Geflecht von Flächen, Linien und Zeichen von eruptiver Kraft. Packend und spannend: Free Jazz auf der Leinwand!-
Begleitet werden die Ausstellungen in Ahlen und Liesborn von einem kleinen Katalog.
„Die Glocke” vom 25. Januar 1994
Lebendigkeit und Aggression
Der Kreiskunstverein Beckum Warendorf widmet seinem Künstlermitglied Alfred Lachauer die Ausstellung „Farbe über Farbe”.
Liesborn. Ein Geschenk der besonderen Art bietet der Kreiskunstverein Beckum-Warendorf seinen rund einhundert aktiven Künstlern. Immer dann, wenn ein kunstschaffendes Mitglied seinen 60. Geburtstag feiert, ist die Zeit gekommen für eine große Jubiläumsausstellung in der Museums- Abtei-Liesborn. Am Wochenende gab es gleich zwei davon und zahlreiche Gäste erlebten die Eröffnung der Ausstellungen „Echo der Zeit” von Dusan Javanovic und „Farbe über Farbe”, des in München lebenden Künstlers Alfred Lachauer.
Bei letzterem war der runde Geburtstag schon ein Weilchen her. Aufgrund der Anbaumaßnahmen in der Museumsabtei hatte Alfred Lachauer knapp zwei Jahre auf seine Jubiläumsausstellung warten müssen. Dafür waren die Vorraussetzungen für die Präsentation seiner mittel- bis großformatigen Werke jezt umso besser – fanden sie doch in den großzügigen Räumlichkeiten des Neubaus genügend Platz, um optimal zu wirken.
Die sofortige Wirkung der Gemälde ist gewaltig und das nicht allein wegen der imposanten Leinwandmaße. „Farbe über Farbe”, so lautet der doppelsinnige Titel der Ausstellung, doch auf den ersten Blick schießt einem eher der Gedanke „Es grünt so grün”, durch den Kopf, da oberflächlich betrachtet diese Farbe in nahezu allen Variationen dominiert.
„Es sieht aus wie ein Laubwald im Dschungel”, sagte Museumleiter Dr.Bennie Priddy lächelnd, um dann voll begeistertem Enthusiasmus die Tiefenwirkung dieses vermeintlichen Grüns zu erklären: So sind die Gemälde Alfred Lachauers viel mehr als ein spontaner optischer Reiz, in vielen Fällen ein Genuss, auf den sich das Auge allzugerne einlässt.
Ebenfalls spontan scheint die Entstehungsweise der Bilder bei denen viel Dynamik, viel Bewegung im Spiel ist und die dadurch große Lebendigkeit ausstrahlen. Durch mehrere Schichten „Farbe über Farbe” entsteht eine beeindruckende Tiefe, so dass man beim Betrachten der riesigen Leinwände oft rätselt: „Welches Bild steckt unter dem Bild?”
In oft recht kurzer Zeit vollendet Alfred Lachauer seine Werke. Bei aller Spontanität seien die Bilder jedoch nicht ungeplant, erläuterte Priddy. Die Entstehungsweise sei Teil des Dialogs zwischen Künstler und Kunstwerk. Alfred Lachauer komme es vor allen Dingen auf eines an: „Ein Bild soll harmonisch wirken, doch dafür braucht es Lebendigkeit und Aggression.”
Die Eigenschaften der Farben ändern sich bei Lachauer. Aus einem friedlichen Grün wird bei ihm eine gewaltige Explosion auf der Leinwand und auch ein Rot wirkt nicht immer warm.
Die Ausstellung läuft bis zum 16.Oktober. CO
„Der Patriot” vom 8. September 2005